2,17 Promille und kein Entzug des Sportbootführerscheins See

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat entschieden,dass die Verordnung über die Eignung und Befähigung zum Führen von Sportbooten auf den Seeschiffahrtstraßen (SportBootFSV) keine ausreichende Rechtsgrundlage darstellt, um einem alkoholisierten Führer eines Sportbootes den Sportbootführerschein zu entziehen (Urteil vom 06.11.2014, 12 LC 252/13).

Der Kläger befuhr mit seiner 8 m langen und 2,5 m breiten Segelyacht im Juni 2012 die Ostsee und fuhr sein Boot fest. Die von anderen Seglern herbeigerufenen Besatzungsmitglieder eines Rettungsbootes betraten gegen 23 Uhr das Boot, fanden dort den schlafenden und alkoholisierten Bootsführer vor und riefen die Wasserschutzpolizei. Die Beamten nahmen um 0.58 Uhr eine Atemalkoholmessung vor, die einen Atemalkoholwert von 2,14 Promille erbrachte. Eine um 2.20 Uhr entnommene Blutprobe wies eine Blutalkoholkonzentration von 2,17 Promille und eine um 2.40 Uhr entnommene Blutprobe eine Blutalkoholkonzentration von 2,12 Promille auf.

Der Bootsführer sagte, er habe das Segelboot seinerzeit ohne jeglichen Einfluss von Alkohol geführt. Es sei dann ca. 100 – 150 m außerhalb des Fahrwassers wegen der geringen Windverhältnisse und der damit verbundenen geringen Wassertiefe auf Grund gelaufen. Das Boot habe auf Grund gelegen und sich nicht mehr bewegen können. Dann habe er Alkohol getrunken, nach dem Genuss des Alkohols aber weder Motor noch sonstige technische Einrichtungen bedient, um das Segelboot in Bewegung zu setzen. Auch wer Alkohol trinkend oder schlafend bei laufendem Motor hinter dem Lenkrad eines Kraftfahrzeuges sitze, führe ein Fahrzeug nicht.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht urteilte, die Behörde sei nicht berechtigt gewesen, dem Bootsführer seinen Sportbootführerschein See aufgrund dieses Vorfalls zu entziehen. Zu Unrecht stütze die Behörde ihre Maßnahme auf § 8 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a SportBootFSV. Nach dieser Vorschrift sei dem Bootsführer die Fahrerlaubnis zur Führung eines Sportboots auf den Seeschifffahrtstraßen zu entziehen, wenn er sich nach der Erteilung der Fahrerlaubnis als unzuverlässig erwiesen habe, weil er mehrfach mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l oder mehr oder unter erheblicher Einwirkung berauschender Mittel ein Sportboot geführt habe. Die Annahme der Behörde, dass der Kläger mit seiner Trunkenheit diese Voraussetzungen erfüllt habe, gehe fehl.

Dabei lasse das Gericht ausdrücklich offen, ob der Kläger, nachdem sein Boot außerhalb der Fahrrinne festgesessen habe, das Boot noch geführt habe oder nicht. Selbst wenn man zu seinen Lasten annehme, dass er auch schlafend im Rausch seinerzeit das Boot geführt habe, seien die Voraussetzungen von § 8 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a SportBootFSV nicht erfüllt.

Die Vorschrift verlange, dass das Führen eines Sportboots mehrfach mit den dort genannten Alkoholwerten oder unter erheblicher Einwirkung berauschender Mittel stattgefunden hat. Die Vorschrift könne – anders als die Behörde meine – nicht so verstanden werden, dass es zur Erfüllung ihres Tatbestandes auch genüge, einmal unter erheblicher Einwirkung alkoholischer Mittel ein Sportboot geführt zu haben. Nach Überzeugung des Gerichts sei vielmehr das erste Wort der Vorschrift „mehrfach“ auf jeden der weiteren genannten Tatbestände zu beziehen. Wenn eine andere Regelung seinerzeit gewollt gewesen sei, so hätte „einmal“ vor den Worten „unter erheblicher Einwirkung…“ eingefügt sein müssen. Das mache beispielsweise ein Blick auf verwandte Vorschriften im Fahrerlaubnisrecht deutlich.

Dass einem betrunkenen Bootsführer sein Kfz-Führerschein nicht entzogen werden darf, hatte bereits das OLG Rostock entschieden; mehr dazu.

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9 Kommentare

Leszek

Ich habe gerade den Artikel gefunden und wollte auch meinen Senf dazugeben. Es ist schon krass und etwas beängstigend, dass es hierbei keine Rolle gespielt hat, ob der Fahrer betrunken (schlafend) das Boot geführt hat oder nicht. Hier lässt sich der Hergang im Nachhinein nicht mehr genau beweisen. Trotzdem sollte man m. M. n. auch beim Führen von Booten (auf offener See) immer Verantwortungsbewusstsein zeigen. Ich denke auch, dass das Urteil evtl. etwas anders ausgefallen wäre, wenn z.B. ein Unfall unter diesen Umständen passiert wäre.
lg, Leszek

Rolf Dreyer

Es geht in diesem Urteil nur um die Rechtsgrundlage für das Einziehen eines Sportbootführerscheins See. Das Urteil wäre bei einem Unfall nicht anders ergangen. Bei einem Unfall hätten sich natürlich andere rechtliche Fragen ergeben, die aber nicht Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Verfahrens gewesen wären.

Stefan

Absolut unverantwortlich mit über 2 Promille ein Boot zu führen, auch wenn es im nachhinein schwer zu beweisen ist, ob er vorher oder nachher getrunken hat. Ich bin mir aber auch sicher, wenn es zu einem Unfall gekommen wäre, wäre das Ganze anders ausgegangen.

Clemens

Ich habe den Artikel gerade gelesen und mache mir jetzt erst einmal ein Bier auf!
Prost!

Malte Beuster

Wenn der gute Mann vorschriftsmäßig seinen Anker draußen hatte, ist doch alles klar. Aber wenn nicht, dann wäre er ja höchstwahrscheinlich mit dem nächsten HW betrunken herumgetrieben. Denn wie wir ja alle wissen, hätte der Körper die Alkoholkonzentration nicht in so kurzer Zeit abbauen können. Auf jeden Fall ist es absolut unverantwortlich sich zu betrinken, wenn das Boot nicht anständig festgemacht und gesichert ist. Basta!

Rolf Dreyer

Kein Basta, der Kommentar ist nicht richtig. Das Alkoholverbot (0,5 Promille) gilt auch vor Anker.

Reinhold

Der hat sich bestimmt schlafend gestellt, als er das Boot festgefahren hat. Ich finde der Lappen sollte ihm weggenommen werden.

Jörg Pauly

„Kein Basta, der Kommentar ist nicht richtig. Das Alkoholverbot (0,5 Promille) gilt auch vor Anker.“

Hallo, Herr Dreyer,
dazu hätte ich mal eine Frage, da ich dazu nichts eindeutiges finde: Ein Schiff vor Anker braucht einen Kapitän, soweit, so klar. Ein Grundsitzer eigentlich nicht. Wie muss denn ein Grundsitzer im Gezeitengewässer behandelt werden? Meiner Meinung nach wie ein Schiff in Fahrt; er kann ja jederzeit freikommen. Und ob ich das mit 2,17 atü mitbekommen würde, weiß ich nicht. Dann aber bewegen wir uns doch im Bereich §315 StGB, wo es keinen Ermessensspielraum mehr gibt.
Viele Grüße
Jörg Pauly

Rolf Dreyer

Solange der Grundsitzer nicht aufgegeben (verloren) ist, muss er wie ein Ankerlieger bemannt sein.

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