Die weite Verbreitung und die hohe Genauigkeit machen uns immer abhängiger vom amerikanischen Satelliten-Navigationssystem GPS. Satelliten-Navigation wird längst nicht mehr nur im Land-, Luft- und Seeverkehr eingesetzt, so stützt sich zum Beispiel auch die Stromverteilung in Deutschland entscheidend auf GPS.
Daher muss auch mit Attacken auf GPS gerechnet werden. Mit relativ einfachen technischen Mitteln lässt sich der Empfang von GPS in Gebieten bis zu mehreren Hundert Kilometern Größe stören oder unterbinden. Das ist bekannt; darüber berichte ich auch in meinem Buch Sportküstenschifferschein + Sportbootführerschein See. 1997 wurde angeblich auf einer Luftfahrtschau in Moskau ein GPS-Störsender zum Preis von 3500 US-Dollar angeboten. Im Internet sollen technische Bauanleitungen verfügbar sein; die benötigten Teile kosten wohl nur etwa 500,- €.
Als im Jahr 2003 weiträumig der Strom in den USA, in Skandinavien und Italien ausfiel, wurde die Ursache zunächst in einer GPS-Störung vermutet, doch das erwies sich als Irrtum. Es war vermutlich der Sonnenwind (siehe unten). GPS-Störungen – gleich welcher Ursache – bezeichnet man als GPS-Jamming.
Alternativen zu GPS
Viele Staaten wollen vom amerikanischen GPS unabhängig werden. Die EU-Verkehrminister hatten bereits am 26.2.2002 beschlossen, ein eigenes Satelliten-Navigationssystem, Galileo, aufzubauen. Wegen Problemen bei der Finanzierung musste der Starttermin mehrmals verschoben werden. Erst am 23.4.2008 hat das EU-Parlament die Finanzierung bewilligt. Jetzt ist von 2013 die Rede, doch der Start von Galileo kann auch auf 2014 verschoben werden.
Auch China sollte damals mit ins Boot kommen. Doch weil die EU den Chinesen keinen uneingeschränkten Zugriff gewähren wollte, lehnten sie ab und bauten ihr eigenes Satelliten-Navigationssystem auf: Beidou. Beidou arbeitet wie GPS mit 30 umlaufenden Satelliten und setzt zudem noch 5 geostationäre Satelliten ein. Beidou läuft in einigen Teilen Chinas bereits. Zur Olympiade soll es in ganz China verfügbar sein; für 2010 ist die volle Betriebsbereitschaft vorgesehen.
Dagegen gab es mit dem russischen Satelliten-Navigationssystem Glonass von Anfang an Probleme. Sie sind auch bis heute nicht behoben – obwohl Präsident Putin dies mehrfach öffentlich angeordnet hatte.
Terrestrische Navigationssysteme in der Schifffahrt
Im Seeverkehr wurden terrestrische (landgestützte) Navigationssysteme schon lange vor GPS eingesetzt. Weltweit verbreitet ist Loran (Long Range Navigation). Das nordeuropäische Loran-C (NELS) besitzt eine zu GPS vergleichbare Genauigkeit. Es sollte eigentlich schon zum 31.12.2005 abgeschaltet werden, doch dann besann man sich (auch in anderen Staaten) darauf, Loran für den Fall von GPS-Störungen weiter zu betreiben.
Loran ist inzwischen mit GPS synchronisiert. Loran-Signale können von bestimmten GPS-Geräten genauso wie Satelliten-Signale empfangen werden. Bei einem Ausfall von GPS macht Loran weiter und umgekehrt. Und Störungen, welche die Positionsgenauigkeit eines Systems herabsetzen, werden vom anderen System erkannt und gemeldet. An der Entwicklung der dafür notwendigen Technik war Deutschland stark beteiligt.
Natürliche Störungen der Satelliten-Navigation
Nicht nur technische Störungen oder terroristische Attacken bedrohen die Satelliten-Navigation, auch der Sonnenwind kann GPS außer Kraft setzen. Sonnenwind ist ein Schauer elektrisch geladener Teilchen, den die Sonne beständig abbläst. Seine Stärke schwankt mit einer Periode von elf Jahren. 2007 herrschte Flaute; für 2012 muss mit Sturm gerechnet werden.
Die Stärke des Sonnenwindes ist an der Anzahl und Größe der Sonnenflecken erkennbar. 2007 war die Sonne nahezu fleckenfrei; sechs Jahren zuvor waren etwa 2,5 % der Sonnenoberfläche mit dunklen Flecken bedeckt gewesen. Im Herbst 2001 spielte GPS plötzlich verrückt und zeigte falsche Positionen an. Auch der Satellitenfunk des weltweiten Seenotfunksystems GMDSS brach für 40 Minuten zusammen. Im Jahr 2008 nehmen die Sonnenflecken wieder in Anzahl und Größe zu; am 4. Januar 2008 wurde der erste Sonnenflecken beobachtet. Er läutete den 24. Zyklus ein. Für 2012/2013 wird – wie gesagt – wieder ein Höhepunkt der Sonnenaktivität erwartet. Aber bis heute ist die Wissenschaft nicht in der Lage, die Flecken und die genaue Stärke des Sonnenwindes präzise vorherzusagen, sodass auch vor Störungen nicht gewarnt werden kann.
Es war übrigens Galileo, der als Erster die Sonnenflecken beobachtet hat. Doch ich glaube nicht, dass die EU deswegen ihr Satelliten-Navigationssystem Galileo genannt hat. Galileo kannte den Sonnenwind noch nicht. Aber Galileo kartografierte die Flecken und wies damit nach, dass sogar die Sonne selbst rotiert – und auch das wurde damals als Ungeheuerlichkeit angesehen.
Klassische Navigation mit Papierseekarten
Jede Technik kann ausfallen und im feuchten, rauen Bordbetrieb ist die Elektrik besonders gefährdet. Eine typische Schwachstelle ist die Verkabelung der GPS-Antenne. Der Gesetzgeber verlangt daher von der Sportschifffahrt, dass sie nicht allein elektronisch navigiert, sondern stets aktuelle Papierseekarten an Bord hat. Aber wer nicht regelmäßig die klassische Navigation mit Papierseekarten betreibt, kann bei Ausfall der Elektronik trotzdem auf dem Schlauch stehen.