Lebensgefahr nach einem Sturz in kaltes Wasser

Nach einer langen Winterpause warten viele Wassersportler sehnlich auf den Saisonbeginn. Zahlreiche Charterer nutzen die günstigen Preise in der Vorsaison für den ersten Törn. Zumeist unbeachtet oder verdrängt wird die Tatsache, dass bei den dann herrschenden Wassertemperaturen ein Sturz über Bord zumeist tödlich endet.

Beschleunigte Atmung

Anders als bei sanftem Hineingleiten reagiert der menschliche Körper bei plötzlichem Eintauchen in kaltes Wasser mit einer unkontrollierten, heftigen Atmung (Hyperventilation). Schon der erste Atemzug hat zwei bis drei Liter Volumen. Danach atmet der Körper viermal so schnell wie im Normalzustand. Das Atemvolumen in der ersten Minute kann bis zu 150 l erreichen – normal sind für einen Erwachsenen im Ruhezustand etwa 7 l. Die Hyperventilation erreicht ihren Höhepunkt nach 30 Sekunden und kann bis zu fünf Minuten lang anhalten. Sie belastet das Herz außerordentlich und erzeugt Schwindel, Verwirrung und Panik.

Unmittelbares Ertrinken

Versuche haben gezeigt, dass trainierte Menschen, die normalerweise eine Minute lang die Luft anhalten können, dies in sehr kaltem Wasser kaum zehn Sekunden lang schaffen. Durch kurze Wellen oder Gischt, ganz allgemein bei bewegter Wasseroberfläche, kann in einer solchen Lage leicht Wasser in die Atemwege gelangen – schon ein Viertel bis ein halber Liter führen zum Ertrinkungstod.

Herzinfarkt, Kreislaufversagen

Durch die Kälte verengen sich die Blutgefäße. Auch der erhöhte Wasserdruck, vor allem auf die Beine, verengt die Blutbahnen, sodass nicht nur der Blutdruck steigt, sondern auch viel mehr Blut in die Lunge und zum Herzen gelangt. Das Herz muss mehr und schneller pumpen. Ältere Menschen und Personen mit hohem Blutdruck können einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleiden.

Schwimmversagen

Nach englischen Statistiken passieren über 50 % der Ertrinkungsunfälle durch Schwimmversagen in weniger als 3 m Entfernung vom Retter. Medizinisch ist dies so zu erklären: Arme und Beine besitzen eine große Oberfläche, sodass sich hier die Blutgefäße schnell verengen. Dann werden Nerven, Muskeln und Gelenke nicht mehr ausreichend mit Wärme versorgt. Das schränkt die Funktionstüchtigkeit der Extremitäten stark ein. Sogar gute Schwimmer schaffen in sehr kaltem Wasser kaum noch zwei bis drei Meter. Unkoordinierte Bewegungen der Arme und Beine lassen zuerst den Unterkörper absacken, dann kann auch der Kopf nicht mehr über Wasser gehalten werden. Schwimmbewegungen beschleunigen den Wärmeverlust. Durch Bewegung entweicht auch die in der Kleidung eingeschlossene Luft, das verringert den Auftrieb. Auch die Kraft in den Fingern und deren Beweglichkeit nimmt rapide ab, sodass Menschen in kaltem Wasser sich nicht festhalten, ja manchmal nicht einmal die Reißleine einer defekten Automatikweste ziehen können.

Unterkühlung

Bei Unterkühlung können Herz, Lunge, Gehirn und andere lebenswichtige Organe versagen. Frauen unterkühlen schneller als Männer, Menschen in guter körperlicher Verfassung unterkühlen langsamer, Schwimmen beschleunigt die Unterkühlung – wann Unterkühlung eintritt, hängt von vielen Faktoren ab. Unterkühlte Menschen sollten liegend aus dem Wasser geborgen werden; das ist auf Sportbooten genauso wenig möglich wie die anschließende medizinische Versorgung.

Ausrüstung

Ein Kälteschutz-/Überlebensanzug oder zumindest Kleidung in mehreren Schichten unter einem wasserdichten Overall, der an Füßen, Händen und am Hals verschlossen ist, verringert die Auskühlung. Allerdings lecken solche Anzüge bei Schwimmbewegungen und ein Liter Wasser reduziert die Isolationsfähigkeit um ein Drittel. Selbstverständlich ist eine gut sitzende Rettungsweste. Sie sollte mit Schrittgurt und Spraycap versehen sein. Luft in der Bekleidung kann den Auftrieb so verändern, dass die Atemwege unter Wasser geraten.

Verhalten im Wasser

Je besser Fitness und körperliche Verfassung, je weniger Bewegungen im kalten Wasser, desto geringer der Kälteschock. Ruhe bewahren und die Atmung kontrollieren, doch vor allem niemals die Hoffnung auf Rettung aufgeben.

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2 Kommentare

Jan

Danke, tolle Regeln. Das sollte sich jeder ausdrucken, der auf See ist.
Grüße
Jan

Malte Beuster

Das finde ich auch. Meiner Meinung nach geht da auch nichts über eine Feststoffweste mit Kragen. Sicherheit kommt vor Schönheit.

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