Fachkundenachweis – der neue kleine Pyroschein

Pyrotechnik heißt die Herstellung und der Gebrauch von Feuerwerkskörpern. Rote Signalraketen werden bei Nacht auf Schiffen in Seenot gezündet, um Retter zu alarmieren und den Standort des Havaristen anzuzeigen. Diese Signalraketen steigen 300 m hoch, sind nachts 20 sm weit sichtbar und benötigen dafür so viel Sprengstoff, dass sie dem Sprengstoffrecht unterliegen.

Wer über solche Signalmittel verfügen will, braucht einen Sachkundenachweis nach dem deutschen Sprengstoffrecht. Man nennt ihn auch kleinen Pyroschein. Yacht- und Bootsführer, die bei Nacht auf See sind und dafür Seenotraketen an Bord haben, müssen einen Pyroschein besitzen.

Keine Prüfungen zum Erwerb des Pyroscheins möglich

Aber sie können ihn derzeit gar nicht erwerben. Pyro-Prüfungen werden seit Ende 2005 nicht mehr abgenommen. Wie konnte es zu einer solchen Lage kommen? Ein Sachkundenachweis wird vorgeschrieben, aber er kann gar nicht erbracht werden.

Früher gab es nur einen einzigen Pyroschein; er war einfach zu erwerben. Der Fragenkatalog bestand aus 48 Fragen, von denen 12 in der Theorie-Prüfung gestellt wurden. Dazu kam eine praktische Prüfung, in der der sichere Umgang mit Signalraketen und Signalpistolen nachzuweisen war. Beides keine große Sache – und wer den Sportbootführerschein See machte, legte am selben Tag oder wenig später auch die Pyro-Prüfung ab. Der Sachkundenachweis wurde in den Sportbootführerschein See gestempelt oder in Form eines kleinen Kärtchens (ohne Foto) erteilt.

Und das war ein Sachkundenachweis nach Waffen- und Sprengstoffrecht; er galt und gilt nicht nur für Signalraketen, sondern auch für Signalpistolen. Heute nennt man ihn den großen Pyroschein.

Verschärftes Waffenrecht, verschärfte Pyro-Prüfungen

Im Zuge der Terrorbekämpfung ist das Waffenrecht drastisch verschärft worden. Daher sah der Gesetzgeber die Notwendigkeit, die neuen waffenrechtlichen Vorschriften in der Pyro-Prüfung abzufragen. So wurde zum 1.8.2005 ein neuer Pyroschein eingeführt. Die Prüfungsanforderungen wurden erheblich heraufgesetzt: statt 48 Prüfungsfragen nun 120, dazu eine deutlich schwerere praktische Prüfung.

Polizeiliches Verbot von Pyroprüfungen

Doch als die Prüfungen abgenommen werden sollten, schritt die Polizei ein. Solche waffenrechtlichen Prüfungen fallen unter das Landesrecht; der Bund durfte den Deutschen Seglerverband (DSV) gar nicht mit der Abnahme der Prüfungen und Ausstellung der Sachkundenachweise betrauen. Dazu hätte der Bundesrat seine Zustimmung geben müssen, aber das war im Bundesverkehrsministerium übersehen worden. Sofort mussten alle Prüfungen gestoppt werden, bis eine entsprechende Verordnung den Bundesrat passiert hat. Das ist zwar immer wieder angekündigt worden, aber bis heute nicht geschehen.

Faule Zwischenlösungen

Aus dieser vertrackten Situation heraus haben einige noch einen Vorteil zu ziehen versucht. Sie haben Pyro-Prüfungen nach Landesrecht durchgeführt. Doch die erteilten Pyroscheine gelten nur in demjenigen Bundesland, in dem sie ausgestellt wurden.

Lösung in Sicht

Weil eine Entscheidung des Bundesrates nicht absehbar ist, haben der Gesetzgeber und der DSV nunmehr reagiert und Fachkunde-Prüfungen allein nach dem Sprengstoffrecht entwickelt. Der Fragenkatalog ist fertiggestellt und besteht aus 60 Fragen. Es werden vier Fragebogen mit jeweils 15 Fragen geschaffen; einer davon wird in der Prüfung vorgelegt. In der praktischen Prüfung müssen zwei pyrotechnische Seenotsignalmittel erklärt werden (von drei möglichen). Im Frühjahr 2008 sollen wieder Pyro-Prüfungen abgenommen werden, auch im Rahmen der Sportbootführerschein See-Prüfungen. Das ist eine gute Nachricht. Zwar kann nur der kleine Pyroschein erworben werden und nicht der große, aber der kleine Pyroschein reicht vollkommen aus.

Der große Pyroschein wird nicht mehr benötigt

Denn der große Pyroschein wird nicht benötigt, weil es an Bord von Sportbooten praktisch keine Signalwaffen mehr gibt. Die gesetzlichen Vorschriften zur Lagerung einer Signalwaffe können auf einem Sportboot gar nicht erfüllt werden. So schreibt die Hamburger Wasserschutz-Polizei einen Panzerschrank der Sicherheitsstufe B oder höher vor. Bei einem Gewicht von unter 200 kg soll der Tresor fest verankert werden. Für die Einreise in das europäischer Ausland ist zumindest ein europäischer Waffenpass vorgeschrieben. Viele europäische Länder verlangen darüber hinaus eine schriftliche Einfuhrgenehmigung, die vor der Einreise erteilt sein muss. Das Thema Signalwaffe auf Yachten hat sich damit erledigt.

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Ein Kommentar

Andreas

Vielen Dank für die rechtliche Aufklärung. Bei diesen heftigen Lagerungsvoraussetzungen unterlasse ich die Beantragung dann wohl doch gleich.

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